Natürlich müssen aktuell die humanitären Fragen nach den Erdbeben diese Woche in der Türkei / Syrien im Vordergrund stehen. Doch trotz der riskanten Geologie plante die Türkei den Bau von Atomkraftwerken an drei Standorten. Jedoch "Die Türkei liegt in einer tektonischen Hochrisikozone – quasi einem Schleudersitz der Erdplatten." schreibt scinexx, das Wissensmagazin am 08.02.2022 über die tektonischen Hintergründe der aktuellen Erdbebenkatastrophe.

Aufbauend auf Abbildung 7 aus dem Artikel "Turkey’s electricity generation problem and nuclear energy policy" und der Karte von Markus Brauer  "Erdbeben in der Türkei und in Syrien" mit den Epizentren dieser Woche ist folgende Abbildung entstanden:

Epizentren mit AKWs

Vergleicht man die türkischen AKW Standorte mit der public domain Karte aus dem Jahr 2012 "Map of seismic hazard from the Global Seismic Hazard Assessment Program (GSHAP) in terms of peak ground acceleration with a 10% chance of exceedence (or a 90% chance of non-exceedence) for an exposure time of 50 years" bezüglich der seismische Gefahr, wäre die Türkei besser beraten, die AKW-Pläne zu beerdigen.

Turkey seismic hazard

Das AKW Akkuyu ist auf ein Erdbeben mit einer Magnitude von 6,5 auf der Richterskala ausgelegt (Wikipedia). Das ist angesichts von möglicherweise stärkeren Erdbeben sehr bedenklich. Und wie sieht das eigentlich mit einem Endlager in der Türkei aus?

Welche politische Kraft wird wohl die Frage nach einem Stopp des Baus der türkischen AKW auf die politische Tagesordnung setzen? Bei den Naturfreunden findet man eine solche Forderung an die Bundesregierung und an die EU-Kommission. 

Was bedarf es nun, dass politische Akteure diesen Staffelstab tatsächlich übernehmen? Mersin Greenpeace action activists in 2015 7568Sicherlich ist eine türkische Anti-AKW-Bewegung hilfreich. In dem deutschsprachigem Teil des Internets findet man darüber nur wenig. Im Jahr 2011 urteilte die Presse  "Die relativ kleine, aber rege Anti-AKW-Bewegung der Türkei hat bisher nur mit einer winzigen Kundgebung in Istanbul auf die neue Situation reagiert." In "Wikimedia Commons" gibt es ebenfalls nur von wenigen Aktionen lizenzfreie Bilder aus der Türkei. Ein spektakuläres Bild stammt aus dem Jahr 2015, auf dem Aktivisten das Banner “Nükleer pahaliya patlar” an einem 177m hohen Haus entfalteten, dass mit "Atomkraft ist teuer" sowie mit "Atomkraft wird explodieren" übersetzbar ist. Aber man darf auch nicht übersehen, dass es für die Türkei der dritte Anlauf ist, AKWs zu bauen. So klein kann dann die Anti-AKW-Bewegung in der Türkei wohl doch nicht sein.

Wir könnten Europa mit einer erfolgreichen deutschen Energiepolitik und Energiewende zeigen, dass man auf Atomkraft und dessen Risiko für schwere Unfälle gänzlich verzichten kann. Die fruchtlosen Diskussionen bezüglich einer Renaissance der Atomkraft sind zu beenden. Anstelle dessen sind die bürokratischen und technischen Hürden für die Gewinnung und Verteilung der Erneuerbaren Energien zu beseitigen.

S.W.

Weiterführende Links:
Wikipedia: "Kernenergie in der Türkei"
Blog in ausgestrahlt mit Beitrag vom 13.05.2015: "Türkei: Reaktorpläne in Erdbebengebiet sind Geheimsache"
Blog in ausgestrahlt mit Beitrag vom 09.02.2023: "Türkei baut ein AKW im Erdbeben-Gebiet"
Tagesschau vom 16.02.2023 "Beben verschiebt Land um mehrere Meter"