Infos zum Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums Berlin (früher Hahn-Meitner-Institut)

Kurz vor Inbetriebnahme des Forschungsreaktors befanden wir uns in einer Zeit des Kalten Krieges: die sog. „friedliche Nutzung“ der Atomkraft, war immer engverzahnt mit einer aggressiven Atompolitik, die auf drohen und abschrecken baute und uns immer einen Millimeter nahe am weltweiten Atomkrieg hielt. Ab 1955 durften deutsche Wissenschaftler wieder offiziell Atomforschung betreiben. Fast zeitgleich mit der Gründung des Atomministeriums, konstituierte sich um 1956 unter dem Vorsitz von Franz Josef Strauß die Deutsche Atomkommission. 1957 wurde dann der Grundstein für das Berliner Atomforschungszentrum gelegt, eines der fünf nuklearen Großforschungszentren der BRD.

atomstaatBildquelle [4]

Das ehemalige HMI (Hahn-Meitner-Institut) wurde 1959 in Wannsee eingeweiht, am Anfang war das HMI noch engverbunden mit der Westberliner Universität. Ein Kernstück des Forschungszentrums, war der Forschungsreaktor mit dem Namen BER I, welcher von 1958 bis 1972 in Betrieb war. [1] Nach seiner Abschaltung, wurde der Forschungsreaktor BER II mit einer anfänglichen Nennleistung von 5 Megawatt am 9. Dezember 1973 in Betrieb genommen. (Kosten: rund 125 Mio. DM) [2]

BER II ist ein sog. Schwimmbadreaktor, der mit leichtem Wasser gekühlt und moderiert wird. Es sind 24 Brennelemente mit jeweils 322 Gramm Uran und sechs Elemente zur Aufnahme der Steuerstäbe mit jeweils 238 Gramm Uran im Einsatz. [3]

Aufgrund einer Fusion im Jahre 2008 mit der Forschungsgesellschaft „Bessy“ in Adlershof (Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotron-strahlung), kam es zur Umbenennung in das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB).

Auf eine Anfrage im Bundestag, wird folgendes Berichtet: Der Forschungsreaktor liefert Neutronenstrahlen für ein breites Spektrum wissenschaftlicher Untersuchungen. Die Arbeiten am Berliner Forschungsreaktor reichen von der reinen Grundlagenforschung bis hin zu anwendungsnahen Untersuchungen. Etwa 700 Wissenschaftler aus aller Welt nutzen jährlich den Reaktor.

Meldepflichtige Ereignisse

  • 20. Juli 1998: Automatische Reaktorschnellabschaltung nach Umformerausfall [5]
  • 16. Juni 1999: Reaktorschnellabschaltung infolge Fehlbedienung beim Abgleich der Leistungsbereichsinstrumentierung [6]
  • 23. Mai 2000: Reaktorschnellabschaltung durch Überschreitung der zulässigen Reaktorleistung infolge Störung des Reaktorregelkanals [7]
  • 13. Februar 2001: Reaktorschnellabschaltung nach starker Leistungszunahme und Überschreitung der zulässigen Reaktorleistung [8]
  • 09. Februar 2005: Manuelle Reaktorschnellabschaltung nach Ausfall der betrieblichen Leittechnik [9]
  • 16. Oktober 2006: Reaktorschnellabschaltung durch Überschreiten der zulässigen Reaktorleistung infolge Fehlbedienung [10]
  • 08. August 2009: Reaktorschnellabschaltung nach Einfallen eines Steuerstabes [11]
  • 05. Juli 2010: Beim Ausfahren einer Probe aus dem Reaktorkern wurde die Leistung des Reaktors nicht richtig nachgeregelt. Durch diese Fehlbedienung stieg die Leistung des Reaktors so stark an, dass der zulässige Leistungsgrenzwert deutlich überschritten wurde und die automatische Reaktorschnellabschaltung eingreifen musste [12]

HMI-Berli1 Collagen Bildmaterial: [13]

Ein Atomreaktor in Berlin

Der Forschungsreaktor steht im Berliner Bezirk Steglitz/Zehlendorf, unmittelbar nahe am Wohngebiet. In einer Informationsbroschüre des Betreibers, wird den AnwohnerInnen eine Reaktorsicherheit vorgegaukelt. Hier wird von zwei Meter dicken Betonwänden berichtet, die als Schutzwall dienen sollen. Jedoch ist der Schwimmbadreaktor ein nach oben hin ungesichertes Gebäude und im Falle eines Flugzeugabsturzes kann kein Schutz gewährt werden.

Die 40 Jahre alte Werkhalle ist nur für einfache Wetterlagen einigermaßen sicher (z.B. Schneelasten). Bei einen GAU müsste das Gebiet auf eine bis zu 20 Kilometer breite Zone evakuiert werden. So lautet es von Seiten des Öko-Institutes, welches 1990 von der Berliner Senatsverwaltung für eine Studie beauftragt wurde. Im Ernstfall könnte ein größeres Gebiet Berlins und Potsdams für Jahrzehnte unbewohnbar sein.

Die vorgegaukelte Sicherheit

reaktor-schematischContainment,umschließt den Reaktordruckbehälter [17]

Die Anlage entspricht nicht den geltenden Sicherheitsvorschriften und trotzdem soll der Forschungsreaktor mindestens bis 2015 in Betrieb bleiben.

So beunruhigt nicht nur der fehlende Schutzmantel (Containment), der den Reaktor umschließen sollte. Schwachstellen sind auch die Kalte Neutronenquelle (KNQ), sie enthält -250° C gekühlten Wasserstoff, welches die Reaktion der Reaktorneutronen verlangsamen soll. Spätestens seit Fukushima sollte die verheerende Wirkung einer Knallgas Explosion bekannt sein (Wasserstoff bildet mit Sauerstoff ein leicht hochexplosives Knallgas). Das Ganze ist besonders beunruhigend, da sich das KNQ in der Nähe des Reaktorkerns befindet.

Gesundheitliche Auswirkungen

Der Forschungsreaktor mit seinen zehn Megawatt hat zwar nur ein Hundertstel der Leistung von Tschernobyl, unterschätzen sollte man die Strahlungsgefahren aber trotzdem nicht. So wird das gefährliche Tritium mit weit größeren Mengen als bei den meisten AKW auftreten. Sogar das Atomkraftwerk in Krümmel, leitet weniger Tritium ab als der Berliner Forschungsreaktor.

Laut einer im Dezember 2007 veröffentlichten Kinderkrebsstudie (KiKK), die vom Bundesamt für Strahlenschutz in Auftrag gegeben wurde, erhöht sich die Krebsrate bei Kindern unter fünf Jahre, die im Umkreis von etwa fünf Kilometern von AKW leben, um 60% und das Leukämierisiko liegt bei 120%.

Nach Ansicht der Internationalen Ärzte gegen Atomkrieg (IPPNW) ist diese Studie die weltweit aufwendigste und exakteste zu diesem Thema. Da die Emissionen der untersuchten Kernanlagen deutlich unter den bisher geltenden Grenzwerten lagen, ist laut Strahlentelex vom 2.10.2008 jetzt erwiesen, dass die für zulässig erachtete Strahlendosis „generell falsch errechnet“ ist. Zu diesem Ergebnis kam bereits die aus Anlass der Reaktorerweiterung im Mai 1997 erstellte Expertise der Bremer Wissenschaftler Heike Schröder und Heiko Ziggel. Sie belegt, daß überall auf der Welt, wo Untersuchungen in der Umgebung von Atomanlagen durchgeführt worden sind, vermehrt Leukämieerkrankungen auftreten, vor allem bei Kindern. [14]

Entsorgungsfrage

Die radioaktiven Abfälle, welche aus dem Betrieb der Forschungsreaktoren stammen bzw. beim Rückbau entstehen, werden in den Einrichtungen vor Ort konditioniert, verpackt und zur endgültigen Einlagerung in ein Endlager wie beispielsweise Schacht Konrad vorbereitet. Laut Greenpeace ist ein Teil des Atommülls aus Versuchsreaktoren in etwa 10,8% in der Asse gelandet, davon ist auch ein Anteil aus dem Hahn-Meitner-Institut. [15]

Nach § 9a Atomgesetz sind radioaktive Abfälle schadlos zu verwerten oder geordnet zu beseitigen. Die Nichterfüllung dieser Vorschrift (weltweit gibt es nach wie vor kein geeignetes Endlager) führte Ende 1990 zur Versagung der Betriebsgenehmigung durch die von der Alternativen Liste gestellte Senatorin Michaele Schreyer. Deren Amtsnachfolger Norbert Meisner (SPD) hob die Entscheidung mit der Begründung auf, ein Mitarbeiter der Genehmigungsbehörde sei befangen gewesen. [16]

Es gibt keine Technik ohne Restrisiko, jede technische Anlage kann zu Unfällen führen und bei atomaren Anlagen ist jedes Restrisiko schon zu viel. Es grenzt schon an Dummheit oder Frechheit, uns bei Versuchsreaktoren eine Sicherheit einreden zu wollen, die es nicht geben kann. Der Berliner Versuchsreaktor steht für eine Zeit des Kalten Krieges, er steht für eine atomare Technik, die den Menschen lange Zeit das Ammenmärchen von einer friedlichen Nutzung von Atomenergie weismachte, nur glauben tut es ihnen keiner. Atomkraftwerke und Atomwaffen, sind zwei Seiten derselben Medaille, die einer machthungrigen Atomlobby lange Zeit sichere Profite sicherte. Sorgen wir dafür, das ihnen ihre Profitgier im Hals stecken bleibt und stopfen ihnen stattdessen ihren Atommüll in ihre Geldtaschen.

Sofortige Stilllegung aller Atomanlagen und keine weiteren Experimente mit der Gesundheit unserer Bevölkerung. Wir fordern, dass weltweit alle Atomkraftwerke abgeschaltet und alle Atomwaffen abgeschafft werden.

[1] Helmholtzzentrum Berlin BER-1: im sicheren Einschluss (siehe: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/029/1702988.pdf)
[2] Helmholtzzentrum Berlin BER-2: 125 Mio. DM (Anfrage Bundestag, siehe Link Punkt1)
[3] Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Experimentier-Reaktor
[4] Grafik v. fuchsnet (2011)
[5] http://bit.ly/e9hDct
[6] http://bit.ly/fvh1VA
[7] http://bit.ly/gD1rpc
[8] http://bit.ly/dPfpD7
[9] http://bit.ly/eDrlcc
[10] http://bit.ly/dXmkhN
[11] http://bit.ly/gsfayA
[12] http://bit.ly/i3gsco
[13] Collage, Bild Quellen OpenStreetMap http://www.openstreetmap.org/ und die Lizenz CC-BY-SA http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/, außerdem Übersichtskarte über http://de.wikipedia.org, Autor ist Lencer, unter der Creative Commons-Lizenz
[14] Quelle Dietrich Antelmann, Ein Atomreaktor bedroht Berlin - http://bit.ly/e6u8oj
[15] GSF Abschlußbericht 2002 - http://bit.ly/eGXFkp
[16] Quelle Dietrich Antelmann, Ein Atomreaktor bedroht Berlin – (zur Versorgung) http://bit.ly/e6u8oj
[17] Grafik neu erstellt, fuchsnet 2011