In Berlin Wannsee wurde der Forschungsreaktor BER II (Berliner Experimentierreaktor) im Dezember 2019 endgültig abgeschaltet. Abbau, Entsorgung und Rückbau werden von der Dialoggruppe aus interessierten Personen und Vertretern des Helmholtz-Zentrums Berlin, welches den Reaktor betrieben hat, kritisch und konstruktiv begleitet. Der Prozess wird sich über etliche Jahre hinziehen. Er soll so sicher und umweltverträglich wie möglich organisiert werden; eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist vorgesehen. Im Oktober 2020 wurde auf einem sog. Scoping-Termin festgelegt, was alles untersucht werden soll. – Für die Abnahme der unbenutzten Brennelemente ist eine Brennelemente-Fabrik für Forschungsreaktoren in Frankreich vorgesehen. Die hochradioaktiven abgebrannten Brennelemente lagern noch im Abklingbecken; sie sollen in ein Zwischenlager; vorgesehen ist Ahaus im Münsterland (ein Endlager des Bundes ist nicht in Sicht). Für das schwach- und mittelradioaktive Material ist Schacht Konrad als Endlager eingeplant. Vieles ist noch in der Diskussion; abgebaut sind lediglich Geräte, die anderswo verwendet werden können. Auch der Hochfeldmagnet soll an eine Forschungseinrichtung abgegeben werden.

Das als Skizze des Umfeldes.

Bei dem Untoten geht es um den ersten Experimentier-Reaktor in Berlin, dem BER I.
Er wurde 1958 in Betrieb genommen, es war ein kugelförmiger Reaktor, in der Kugel befand sich eine Uranylsulfatlösung, es gab also keine Brennstäbe.

Beim Betrieb eines solchen Reaktors läuft nebenbei eine unerwünschte, aber unvermeidbare Reaktion ab: das Wasser der Lösung wird zerlegt in Wasserstoff und Sauerstoff. Diese Mischung wird nicht ohne Grund Knallgas genannt. Leitet man sie an einen Katalysator, wird sie, ohne Knall, zu Wasser „rekombiniert“. Durch verschiedene Stoffe kann allerdings der Katalysator seine Funktion einbüßen. Ein Problem. Und das war wahrscheinlich im Jahr 1972 nicht mehr in den Griff zu kriegen.
Die Uransalzlösung wurde entnommen, abtransportiert, einige Reaktorteile wurden abgebaut, einiges mit Beton vergossen. Der sog. Rekombinator unterhalb der Ebene der Reaktorkugel wurde mit einer Bleiwand abgeschirmt, die Strahlung in seiner Nähe ist immer noch, nach fast 50 Jahren, so stark, dass man sich dort nicht aufhalten kann.

Wieso sollte sich jemand dort auch aufhalten?
Die Reste des BER I befinden sich in der Zuständigkeit der ZRA, der Zentralstelle für radioaktive Abfälle des Landes Berlin. Einmal im Jahr klettert ein Mitarbeiter (vielleicht sind es auch zwei) der ZRA in den ehemaligen Reaktorraum und misst die Gammastrahlung und schaut sich um.
Fertig.
Fertig?
Ist das eine verantwortbare Endlagerung?
Nein.

Diese noch aktiven Reste des alten Reaktors liegen heute wie in einem grasbewachsenen Hügelgrab. Die Arbeitsebene des Reaktors lag etwas unter Erdniveau. Jetzt befinden sich Büro- und Lagerräume darüber. Wahrscheinlich ist das Gebäude die alte Reaktorhalle. Damals fensterlos, jetzt mit Fenstern und einer roten Fassade.

 

BER IHier ist seit 1972 der BER I im „sicheren Einschluss“ vergraben.            Foto: Horst Furtner

Die Reaktorreste sind der ZRA zugeordnet, sie gehört dem Land Berlin, wird aber vom HZB betrieben. Im Atomgesetz zur Zeit der Stilllegung war noch kein Verfahren zur sicheren Entsorgung vorgeschrieben. Nun aber müsste der Untote endlich geborgen, ordentlich verpackt und eingesargt werden.

Eine gute Aufgabe für das Abgeordnetenhaus, den Senat, die Berliner Atomaufsicht, das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Landessammelstelle und natürlich das Helmholtz-Zentrum Berlin.

Was Mut macht, dass es gelingen kann:
In Frankfurt am Main wurde im selben Jahr wie in Berlin ein Forschungsreaktor gleichen Typs in Betrieb genommen. Er hat schon 1968, vier Jahre vor der Berliner Reaktor, nicht mehr richtig funktioniert. Auch damals gab es kein anderes Atomgesetz – und er wurde (zusammen mit seinem Nachfolge-Reaktor) 2005/6 vollständig zurückgebaut.

In Geesthacht wurde in das Programm zum Rückbau zweier Forschungsreaktoren (der Prozess wird auch von einer Dialoggruppe begleitet) nachträglich der bis dahin außer acht gelassene Reaktordruckbehälter des Frachtschiffs „Otto Hahn“ aufgrund politischer Entscheidungen einbezogen.

Es ist also möglich - wir sind gespannt!