Der Reaktorleiter Stephan Welzel hatte am 26.06.2019 bei der FU-Veranstaltung "Der Forschungsreaktor in Wannsee: das Dialogverfahren zum Rückbau" im Rahmen der FU Veranstaltungsreihe "Der Atomkonflikt in Deutschland – bis in alle Ewigkeit?" den Abschalttermin auf Mittwoch 11.12.2019 vorverlegt.

Also noch 13 Wochen bis zur Abschaltung. Grund genug, an dieser Stelle einen Countdown zu veröffentlichen. Countdown11

Der Plan für die Zeit nach der Abschaltung des BER II:

Im Bericht der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung anlässlich der Haushaltsberatungen 2020/21 wird am 28.08.2019 der Umsetzungsstand/Zeitplan zur Stilllegung und zum Rückbau der Neutronenquelle BER II wie folgt beschrieben:

  1. „Am Abend des 11.12.2019 werden die Steuerstäbe des Reaktors eingefahren.

  2. Damit beginnt die Nachbetriebsphase: Durch das Einfahren der Steuerstäbe wird die Kernspaltung gestoppt. Innerhalb von 30 Tagen vermindert sich die Radioaktivität und die Brennstäbe kühlen ab

  3. Die Brennstäbe werden im Anschluss für 3 Jahre im sogenannten Umsetzbecken zum Abklingen verwahrt.

  4. Frühestens im Jahr 2023 werden die Brennstäbe in Transport-und Lagerbehälter verladen und zur Lagerung im Brennelemente-Zwischenlager Ahaus vorbereitet.

  5. Im Anschluss werden Kühlbecken und Kreisläufe geleert.

  6. Schließlich wird die Anlage beräumt, radioaktive Kleinteile werden in Stahlbetongefäßen eingelagert.

  7. Im Anschluss kann der Reaktorrückbau beginnen. Die konkreten Planungen für die Stilllegung und den Rückbau des BER II erfordern ein umfangreiches Genehmigungsverfahren durch die Senatsverwaltung Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Der Antrag für den Rückbau des BER II wird derzeit zwischen dem Helmholtz-Zentrum Berlin und der Genehmigungsbehörde abgestimmt. Insgesamt wird mit einer Genehmigung bis 2023 gerechnet.

  8. Insgesamt ist das Ziel, dass am Ende der Rückbauphase (frühestens 2030) die Anlage aus dem Zuständigkeitsbereich des Atomgesetzes entlassen werden kann.“

Aus: https://www.parlament-berlin.de/ados/18/WissForsch/vorgang/wf18-0080-07-v.pdf

Dies ist ein Plan mit vielen Fragezeichen.

A. Hochradioaktiver Atommüll: Darunter fallen in erster Linie die Brennelemente. Diese können frühestens nach 3 Jahren Abklingzeit abtransportiert werden. Der dafür eingeplante Castor-MTR3-Transport- und Lagerbehälter ist zwar verkehrsrechtlich genehmigt, nicht aber die speziellen Halterungen für die BER II-Brennelemente. Der Transport soll nach Ahaus gehen, in ein Zwischenlager, das nur bis 2036 als solches genehmigt ist. Der Ort und der Zeitpunkt für ein atomares Endlager ist derzeit noch völlig unabsehbar.

B. Mittel-und schwachradioaktiver Atommüll: Darunter sind alle anderen Bestandteile der Forschungseinrichtung in Wannsee zu verstehen, die oberhalb von (i.d.R. politisch) festgelegten radioaktiven Grenzwerten liegen. Diese müssen bis zu ihrem möglichen Abtransport ins vorgesehene Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle Schacht Konrad bei Salzgitter auf dem Gelände in Wannsee zwischengelagert werden. Die Kapazitäten der ZRA (Zwischenlager für radioaktive Abfälle) reicht dafür bei weitem nicht aus, es müssen deshalb Übergangslösungen geschaffen werden. Die Einlagerungen in Schacht Konrad können außerdem frühestens 2027 beginnen. Wann die Wannsee-Abfälle dann an der Reihe sind, ist noch völlig ungeklärt.

C. „Freigemessener“ Bauschutt: Alle Materialien, die unterhalb von zur Zeit geltenden radioaktiven Grenzwerten liegen, können „freigemessen“ werden. Sie gelten dann als nicht radioaktiv, können aber nicht näher bestimmte Restmengen an Radioaktivität aufweisen. Sie können i.d.R. unkontrolliert deponiert und z.B. als Recycling-Material im Straßenbau verwendet werden. Unter bestimmten Umständen wird eine kontrollierte Deponielagerung angeordnet. Das HZB hat als vertrauensbildende Maßnahme für die Öffentlichkeit in Aussicht gestellt, die Materialien im Fundament eines neu geplanten Großforschungsgeräts in Adlershof zu verbauen. Ob sich dies verwirklichen lässt ist völlig ungewiss.

FAZIT: Ob und wie das Ziel „Rückbau des Atomreaktor Wannsee zur grünen Wiese“ zu erreichen ist, ist noch völlig ungewiss. Wenn es allerdings je erreicht werden sollte, geht dies zu Lasten anderer:

  • den Menschen, die durch die dann nötigen Transporte von radioaktivem Abfall gefährdet werden,
  • den Menschen, die in Zukunft durch die Reststrahlung des „freigemessenen“ und ggf. unkontrolliert in der Landschaft verteilten Bauschutts zu Schaden kommen werden,
  • den Menschen, die als Anwohner der Zwischenlager (Ahaus und ggf. andere), erhöhten Gefährdungen ausgesetzt sind,
  • den Menschen, die in der Nähe von Schacht Konrad und dem noch zu findenden atomaren Endlager leben, und
  • allen Menschen zukünftiger Generationen, denen mit „unserem“ Wannsee-Atommüll eine riesige Bürde aufgelastet wird, ohne dass sie darauf irgendeinen demokratischen Einfluss nehmen können.

Collage und Text: H.F.

Die älteren Countdown's finden Sie unter dem Menüpunkt "Stilllegung und Rückbau"